daily:learnings – New Work

8 Fragen und Antworten zu New Work

New Work - Arbeitswelt 4.0

New Work, ein wiederbelebtes Thema in der Transformation und mit COVID19 neu-gehypt. Dabei ist New Work schon recht alt, stammt aus den späten 1980er Jahren von Fritjof Bergmann im Kontext der Automatisierung in der amerikanischen Automobilindustrien.

Jeder redet darüber, wenige wissen genau worum es geht. Wir beantworten im folgenden, aus unserem Beruflichen Kontext, acht wesentliche Fragen zu New Work. Denn New Work ist weitaus mehr als nur ein Buzzword, mehr als Co-Working, Home-Office, in den Pausen Kickern und mehr als die Summe aus reduzierten Arbeitszeiten und agilen Strukturen in den Unternehmen.

Im Fokus von New Work stehen Werte, stehen die Menschen und die Gestaltung des Arbeitslebens.

Wie definieren Sie den Begriff New Work?

Wertemanagement, digital Leadership, Kompetenzmanagement

Globalisierung und Digitalisierung sind Treiber des Strukturwandels. Wir entwickeln uns weg von einer Industrie- hinzu einer Wissensgesellschaft. Aus der digitalen Transformation ergeben sich – durch zeitliche, räumliche und organisatorische Flexibilität- für jedes Unternehmen Marktchancen, derer Bewältigung zukünftig neue Unternehmensstrukturen, Kulturen und Arbeitsräume bedarf: Einer Arbeitswelt 4.0.

Unternehmen, die nachhaltig und zukunftsfähig wirtschaften wollen, müssen ihr Wertemanagement auf allen Ebenen (individuell, teambezogen und organisational) bewusst gestalten (vgl. Erpenbeck/Sauter 2020). Die Top-Priorität ist die Kompetenzentwicklung und vielmehr noch die ständige Weiterentwicklung der Kompetenzen der Mitarbeiter.

Während früher die Mitarbeiter*innen in den Unternehmen Lösungen von ihren Führungskräften erwarten konnten, müssen die Mitarbeiter*innen heute selbstorganisiert und kreativ Antworten auf unerwartete Herausforderungen finden. Weg von klassischen auf Wissensweitergabe und Qualifikation ausgerichteten betrieblichen Bildungsmodellen, hinzu wirklicher Kompetenzentwicklung (die Entwicklung von Fähigkeiten meint) ist zwingend erforderlich für jedes Unternehmen.

Einhergehend hat sich das Verständnis und die Aufgabe von Führung verändert. Wir müssen lernen im Nebel zu navigieren. Für digital Leadership sind Führungskräfte mit Visionen, klaren Strategien, einer proaktiven Mitarbeiterorientierung und Vertrauen in die eigenen Teams gefordert. Diese Führungskräfte verstehen sich als Entwicklungspartner und arbeiten mit ihren Teams orts- und zeitunabhängig.

Mit New Work geht es darum, mehr Selbstbestimmung in der Arbeit entstehen zu lassen und tatsächlichen Lösungen für das Balancieren von Arbeit und Leben zu finden; dafür braucht es das gesellschaftliche Verständnis in allen Teilsystemen und Unternehmen die diese Werte in einer Werte- und Führungskultur verankern.

Welche Bereiche eines Unternehmens sind involviert?

– all or nothing.

Die digitale Vernetzung zeigt das Potential der New Work – Werte. Der notwendigen Mindshift ist Bereich- und Abteilungsübergreifend für das gesamte Unternehmen zu sehen. Anders lässt sich ein konsequentes Wertemanagement, digitales Leadership und Kompetenzmanagement in der Unternehmenskultur nicht verwirklichen.

Mit diesem Hintergrund erklärt sich auch das vielfache Scheitern der anfangs gehypten Co-Workings-Spaces für bewusst ausgegliederte Teams. Denn diese Teams mit ihren Ideen konnten nicht nachhaltig in die existierende Kultur integriert werden.

New Work - Arbeitswelt 4.0

New Work! Für welche Unternehmen?

Allen Unternehmer*innen, welche die Notwendigkeit von Veränderungen der eigenen Arbeitsmodelle, Werte, Führungsverständnis und Mitarbeiterentwicklung und somit der Wertschöpfung für ihr Unternehmen erkannt haben und bereit sind das (eingefahrene) Mindshift zu ändern, gratulieren wir. Sie haben sich dazu entschieden den Weg zum Erfolg zu gehen.

Alle Unternehmerinnen und Unternehmer, welche in der Transformation und Globalisierung nachhaltiges Wachstum verzeichnen wollen kommen nicht umhin, das (eingefahrene) Mindshift unter Berücksichtigung geschaffener Werte und Kultur mit neuen Werten, Prozessen und sicherlich auch Invest zu ändern.

Familienunternehmen, welche nicht patriarchisch geführt werden, haben es vielfach leichter, sich dem Thema New Work für Ihr Unternehmen und Mitarbeiter anzunehmen; die „enge“ Nähe und flachen Hierarchien zwischen Inhaber*Innen und Mitarbeiter*Innen spielt dabei einen entscheidenden Faktor. Der CEO, welcher für die kommenden 5 Jahre den Shareholder Value treiben soll, hat es deutlich schwerer.

Ob Eisenkarl oder DAX Unternehmen: neue Arbeitswelten machen keine Branchenunterschiede.

Wie lässt sich New Work implementieren?

Vorweg: New Work ist eine Entwicklung keine Implementierung; die aktuell gelebte Unternehmenskultur und die Unternehmenswerte sind zu berücksichtigen. Es ist also nicht damit getan, schicke neue Büros außerhalb des Unternehmens zu mieten, einige wenige Mitarbeiter*Innen mit Notebooks auszustatten, die tägliche Arbeitszeit auf 5 Stunden zu reduzieren und einmal die Woche Pizza und eine Kiste Mate zu spendieren.

Die grundsätzlichen Fragestellungen zur Selbstbestimmtheit, Wertschöpfung und Dosierungen der Veränderungen, sind vorerst zu klären und professionell mit allen Beteiligten zu betrachten! Wir arbeiten mit einer wissenschaftlich fundierten Werte- und damit Kultur-Analyse, ermitteln die messbaren Faktoren und entwickeln darauf kulturell abgestimmte Transformationskonzepte.

Like a Boss

Welche Rolle spielt die DNA und die Kultur eines Unternehmens bei New Work?

Wir unterscheiden drei Arten von Kulturverständnis in den Unternehmen (vgl. Strähle 2004):

  • Das funktionalistisches Kulturverständnis, in dem Unternehmenskultur als organisatorische und veränderbare Variable verstanden wird.
  • Das deterministische Kulturverständnis, in dem das Unternehmen als soziale Konstruktion der organischen Wirklichkeit wahrgenommen wird und dem
  • Integrativen Kulturverständnis, wonach Unternehmen selber Kulturen sind und die Kultur und damit das Unternehmen durch dynamische Interaktionen aller Mitarbeiter manifestiert.

Dabei ist per se festzuhalten, dass es kein Richtig oder Falsch gibt. Jede Form hat seine Daseinsberechtigung, ist einzigartig und hat wesentlichen Einfluß auf wirtschaftliche und soziale Erfolge der Unternehmung.

Das Verständnis und die Einordnung der Wirkungsweise zur eigenen Unternehmenskultur ist jedoch massgeblicher Erfolgsgarant für jede Transformation.

Wie funktioniert Führung in der neuen Arbeitswelt?

Gibt es noch klassische Führungspositionen?

Führung von Morgen hängt von dem gelebten Kulturverständnis, den Unternehmenswerten und natürlich von dem Unternehmenszweck ab. Hierarchisch geführte Unternehmen suchen klassisch geprägte Führungsköpfe; hingegen nicht-klassisch-hierarchische Unternehmen eher Führungsexperten entwickeln oder gezielt bewerben.

Gelebte Fehlerkultur ist hier ein weiteres Stichwort – es muss Raum für Fehler geben. Nur so können Innovationen entstehen und im bewussten Umgang mit Fehlern entsteht Lernen und Vertrauen.

Mitarbeiter*Innen mit Potential müssen rechtzeitig Verantwortungen übernehmen dürfen und innerbetriebliche Perspektiven geboten werden. Die Karrieren beginnen heute früher als gestern, da auch das Skillset anders und früher ausgebildet ist als es noch vor 10 Jahren der Fall war. Gleichzeitig wird der Wunsch nach Flexibilität in der Arbeitszeit, Stabilität und Sicherheit zum Unternehmen immer offener und selbstverständlicher geäußert und dabei in Abwägung der eigenen Interessen auf Führungskarrieren verzichtet.

Führungsaufgabe ist es, heute wie morgen, in den eigenen Teams Potenzial zu identifizieren und zu entwickeln – neu ist es mit dem Blick auf die interne und externe Entwicklung zur Globalisierung und Digitalisierung Freiheiten und Individualitäten zu zulassen. Das ist eine Frage der Verantwortung und Unternehmenskultur, nicht die von HR-Prozessen.

Dabei müssen sich Führungskräfte stärker online vernetzen und die dort gewonnenen Kenntnisse nutzen, um die gestellten Aufgaben zur Geschäftsentwicklungen voranzutreiben.

Welche Auswirkungen hat New Work?

… auf die Positionen des Managements, der Geschäftsführung?

Eine Auseinandersetzung mit dem Management ist wichtiger denn je, dass zeigt schon das St. Galler Management-Modell von Johannes Rüegg-Stürm und Simon Grand (2019). Dabei bildet organisationale Wertschöpfung geprägt durch koordinierte Arbeitstätigkeit, Spezialisierung, räumliche und zeitliche Verteiltheit und Institutionalisierung den zentralen Bezugspunkt von Management.

Bezogen auf New Work fehlt es vielerorts in den Führungsetagen an digitaler Führungskompetenz. Agilität ist also auch im Management ein Aspekt für schnelle Entscheidungsprozesse und weniger Hierarchiestufen. Aber die Positionierung eines „Culture Director“ allein macht noch lange keinen Frühling, wenn die Ernsthaftigkeit und das Durchhaltevermögen fehlen, Analog und Digital tatsächlich zu verbinden. Schnell entpuppt sich der Versuch des Verändern als temporäres Feigenblatt des Managements. Es ist ein flexibler Wechsel notwendig, damit eine demokratisch moderne Führungskultur zwischen Führungs- und Fachkarriere entsteht

Ist eine Transformation zu New Work irgendwann abgeschlossen?

New Work – Das Ding mit der Lemniskate.

Arbeitsmodelle im Strukturwandel sind eine fortlaufende Entwicklung. Schauen wir kurz auf die Entwicklungsschritte unserer Arbeitswelt. Vor einigen Jahren und stellenweise noch heute finden wir in der traditionellen Organisationsform alle Mitarbeiter zu festen, sogenannten Kernarbeitszeiten „brav“ am Firmensitz vor. Im Zuge fortschreitender Digitalisierung und Vernetzung erkannten einige Unternehmen Möglichkeiten für ein begrenztes Homeoffice (1-2x die Woche). Aktuell sind etliche Unternehmen, bedingt durch die widrigen Rahmenbedingungen von COVID19, zum totalen Homeoffice aufgerufen was ad Hoc neue Formen der Kommunikation, dem Umgang im Team und einen kulturellen Change erfordert.

Die darauf folgende Stufe in der Entwicklung der Arbeitswelt, stellen mit New Work agile und hybride Arbeitsmodelle dar, die sich fortlaufend durch neue digitale Tools, Methoden, Prozesse und sich „anpassenden“ Organisationsstrukturen – mit neuen Werten und Prinzipien – optimieren.

Kurzum: Nein.

„New Work in Unternehmen muss keine Revolution sein; keine disruptive Veränderung des Unternehmens. Wir nehmen die demografischen Herausforderungen des Unternehmens mit dem Geschäftsfeld und möglichen Kooperationen in den Blick. Daraus entwickeln wir, nach einer wissenschaftlichen Analyse der Unternehmenskultur, individuelle Konzepte und setzen diese aus dem Gesamtbild mit den Teams um.“

Katharina Himmerich / Thomas Brodowski